Masking, oder auch „Camouflaging“, ist ein Phänomen, das häufig bei Menschen mit Autismus auftritt. Dabei handelt es sich um das bewusste oder unbewusste Verbergen autistischer Merkmale, um sich besser in die Gesellschaft einzufügen und den sozialen Erwartungen zu entsprechen. Masking kann sowohl Vorteile als auch erhebliche Nachteile mit sich bringen.

Menschen mit Autismus haben oft Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation. Diese Schwierigkeiten können sich in ungewöhnlichen Verhaltensweisen, Gesten oder Kommunikationsmustern äussern, die von der Mehrheit der Gesellschaft als „anders“ wahrgenommen werden. Um nicht aufzufallen oder um Ablehnung und Mobbing zu vermeiden, lernen viele autistische Menschen, diese Merkmale zu unterdrücken oder zu verbergen. Dieses Verbergen wird als Masking bezeichnet.

Masking kann viele Formen annehmen. Autistische Personen beobachten und imitieren das Verhalten und die Körpersprache von neurotypischen (nicht-autistischen) Menschen. Sie vermeiden bewusst Verhaltensweisen, die als ungewöhnlich oder unangemessen angesehen werden könnten, wie beispielsweise Stimming. 

Stimming sind selbst stimulierende Verhaltensweisen wie Händeflattern oder Schaukeln, die oft dazu dienen, Stress abzubauen oder sich zu beruhigen. Anstatt diese natürlichen Verhaltensweisen zu zeigen, üben autistische Menschen oft Skripte für soziale Interaktionen ein, um sicherzustellen, dass Gespräche reibungslos verlaufen. Darüber hinaus setzen sie bewusst Blickkontakt, Lächeln und andere nonverbale Hinweise ein, um sozial kompetent zu wirken.

Es gibt mehrere Gründe, warum autistische Menschen Masking betreiben. Einer der Hauptgründe ist die Anpassung an die Umwelt. Indem sie ihre autistischen Merkmale verbergen, fühlen sie sich in sozialen Situationen wohler und fallen weniger auf. Viele autistische Menschen wünschen sich auch, von anderen besser akzeptiert zu werden und soziale Beziehungen aufzubauen. Durch Masking versuchen sie, negative Reaktionen und Ausgrenzung zu vermeiden. In vielen Fällen kann das Verbergen autistischer Merkmale auch dazu beitragen, beruflich erfolgreich zu sein, insbesondere in Kontexten, in denen neurotypisches Verhalten erwartet wird.

Menschen im Umfeld von Autisten können Masking erkennen, wenn sie aufmerksam auf bestimmte Hinweise achten. Masking kann sehr anstrengend sein und führt oft zu einer ungewöhnlichen Erschöpfung. Ein autistischer Mensch, der maskiert, kann nach sozialen Interaktionen oder einem Arbeitstag übermässig müde und ausgelaugt wirken. Diese Erschöpfung resultiert aus der ständigen Anstrengung, sich an die Erwartungen anderer anzupassen und dabei die eigenen natürlichen Verhaltensweisen zu unterdrücken.

Darüber hinaus kann es zu Verhaltensänderungen kommen, sobald die Person sich in einer vertrauten und sicheren Umgebung befindet. Zuhause oder in der Nähe vertrauter Personen zeigen sie möglicherweise ihre autistischen Verhaltensweisen deutlicher. Wenn eine autistische Person zu Hause stimmende Bewegungen zeigt, aber diese Verhaltensweisen in der Schule oder am Arbeitsplatz vollständig unterdrückt, kann dies ein Zeichen für Masking sein.

Masking kann erhebliche negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben. Die ständige Anstrengung, sich anzupassen und die eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken, kann zu chronischem Stress, Angstzuständen und Depressionen führen. Viele autistische Menschen berichten, dass sie durch Masking ein Gefühl der Isolation und Entfremdung von sich selbst erleben. Sie fühlen sich gezwungen, eine Rolle zu spielen, die nicht ihrer wahren Natur entspricht, was langfristig zu einem starken Verlust des Selbstwertgefühls führen kann.

Für autistische Menschen ist es wichtig, Masking zu erkennen und zu verstehen, warum sie es tun. Viele beginnen Masking schon in der Kindheit zu betreiben, oft als Reaktion auf negative Erfahrungen oder um sozialen Druck zu vermeiden. Das Bewusstsein darüber, dass Masking eine Strategie zur Bewältigung von sozialen Erwartungen ist, kann ihnen helfen, ihre eigenen Bedürfnisse besser zu erkennen und anzuerkennen.

Es ist auch wichtig, dass Angehörige, Freunde und Kollegen von autistischen Menschen Masking erkennen und verstehen. Sie sollten ermutigt werden, eine Umgebung zu schaffen, in der sich autistische Personen sicher fühlen und ihre wahren Verhaltensweisen zeigen können. Dies kann durch Akzeptanz, Verständnis und Unterstützung geschehen. Wenn autistische Menschen das Gefühl haben, dass sie nicht maskieren müssen, kann dies zu einer erheblichen Verbesserung ihres Wohlbefindens und ihrer Lebensqualität führen.

Masking ist ein komplexes Phänomen, das tief in den sozialen Erwartungen und dem Wunsch nach Akzeptanz verwurzelt ist. Es ist wichtig, dass sowohl autistische Menschen als auch ihre Umgebung lernen, die Zeichen von Masking zu erkennen und Wege finden, um authentische Interaktionen zu fördern. Indem wir ein besseres Verständnis und eine grössere Akzeptanz für autistische Verhaltensweisen entwickeln, können wir dazu beitragen, dass autistische Menschen weniger das Bedürfnis verspüren, sich zu maskieren, und dadurch ein erfüllteres und weniger stressbeladenes Leben führen.

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