Es gibt viele Erwachsene, die erst im späteren Leben erkennen, dass sie autistisch sein könnten. Dies kann aus verschiedenen Gründen geschehen, zum Beispiel weil ihre Symptome als Kind nicht erkannt wurden oder weil sie gelernt haben, ihre Schwierigkeiten zu kompensieren. Wenn jemand als Erwachsener den Verdacht hat, im Autismus-Spektrum zu sein, kann eine offizielle Diagnose hilfreich sein, um besser zu verstehen, wie das eigene Gehirn funktioniert, und um gezielte Unterstützung zu erhalten.
Erster Schritt: Information und Selbstreflexion
Bevor man einen Termin bei einem Spezialisten vereinbart, ist es sinnvoll, sich über die Merkmale und Symptome von Autismus zu informieren. Viele Personen im Spektrum haben Probleme in der sozialen Interaktion, Schwierigkeiten mit der Kommunikation und zeigen stereotype Verhaltensweisen oder haben stark eingegrenzte Interessen. Diese Symptome können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ein guter Startpunkt ist es, sich selbst ehrlich zu reflektieren und zu überlegen, ob und wie diese Merkmale auf das eigene Leben zutreffen.
Professionelle Diagnostik
Für eine offizielle Diagnose sollte man einen Facharzt oder Psychologen aufsuchen, der Erfahrung mit der Diagnostik von Autismus bei Erwachsenen hat. Diese Spezialisten können eine umfassende Bewertung durchführen. Ein erster Schritt ist oft ein ausführliches Gespräch über die persönliche und familiäre Vorgeschichte sowie die aktuellen Herausforderungen. Es kann hilfreich sein, einen Angehörigen oder engen Freund mitzubringen, der zusätzliche Perspektiven beisteuern kann.
Standardisierte Tests und Interviews
Im Rahmen der Diagnostik werden häufig standardisierte Tests und Interviews verwendet. Zwei der bekanntesten Instrumente sind das ADOS-2 (Autism Diagnostic Observation Schedule) und das ADI-R (Autism Diagnostic Interview-Revised). Diese Tests helfen dabei, das Vorhandensein von autistischen Merkmalen zu objektivieren. ADOS-2 beinhaltet eine Reihe von strukturierten Aufgaben und Beobachtungen, während ADI-R ein detailliertes Interview mit der betroffenen Person und häufig auch mit einem nahen Angehörigen ist.
Maskierung und Camouflaging
Ein wichtiger Aspekt bei der Diagnostik von Erwachsenen ist die Fähigkeit zur Maskierung oder Camouflaging. Viele Menschen im Autismus-Spektrum lernen im Laufe ihres Lebens, ihre Schwierigkeiten zu verbergen und sich an soziale Erwartungen anzupassen. Dies kann die Diagnose erschweren, da autistische Symptome weniger offensichtlich sein können. Ein erfahrener Diagnostiker wird daher gezielt nach solchen Anpassungsstrategien fragen und versuchen, hinter die „Maske“ zu blicken.
Unterschiede zu anderen Störungen
Manchmal können die Symptome von Autismus auch mit anderen psychischen Störungen wie ADHS, sozialer Angststörung oder Persönlichkeitsstörungen überlappen. Eine sorgfältige Differentialdiagnostik ist daher wichtig, um sicherzustellen, dass die Diagnose zutreffend ist. Hierbei werden andere mögliche Diagnosen systematisch ausgeschlossen.
Ergebnisse und weitere Schritte
Nach der Diagnosebesprechung gibt der Spezialist in der Regel eine ausführliche Rückmeldung über die Ergebnisse und mögliche nächste Schritte. Dies kann Empfehlungen für Therapien, Selbsthilfegruppen, einen Autismus Peer oder spezialisierte Unterstützung umfassen. Eine offizielle Diagnose kann auch helfen, Zugang zu bestimmten Unterstützungsleistungen oder rechtlichen Ansprüchen zu erhalten.